Und so krochen wir beide, mein Großvater und ich, auf Geheiß meiner Großmutter noch am gleichen Abend auf den Knien durch den Staub des Dachbodens und tasteten blind nach dem Bildnis der Heiligen Kassilda.
„Ich frage mich immer wieder“, sagte ich, „was diese Heilige so besonders macht, dass wir uns zu fortgeschrittener Stunde wie die Maulwürfe durch den Dreck wühlen müssen.“
Neben mir zuckte der Großvater zusammen. „Die Heilige Kassilda war eine große Frau“, wisperte er, wie um seine Gemahlin weit unter uns in der warmen Stube nicht zu erzürnen. „Deine Großmutter und ich, wir alle eigentlich, sind ihr zu ewigem Dank verpflichtet.“ Er hielt inne und tätschelte mir den Handrücken. „Das verstehst du noch nicht – wie solltest du auch – aber eines Tages wirst du wissen, wie viel wir ihr zu verdanken haben.“
Von Großvaters Erklärung keineswegs befriedigt, kroch ich voran und suchte weiter. „Hätten wir nicht wenigstens eine Lampe oder eine Kerze mitbringen können?“
„Die Großmutter erlaubt es nicht“, seufzte er und schloss wieder zu mir auf. „Du weißt ja, wie leidenschaftlich sie sein kann.“
Und ob ich das wusste. Als ich einmal unbedacht meiner Schwester Milch statt Wasser in das Kellerverlies gebracht hatte, ließ meine Großmutter, als sie davon Wind bekam, ihren hölzernen Kochlöffel auf meinem Rücken tanzen, dass mir Hören und Sehen vergingen.
„Ich glaube, ich habe etwas gefunden“, sagte mein Großvater unvermittelt. „Das könnte das Bildnis sein.“
Meine Finger ertasteten Leinwand und Rahmen, und ein Stein schickte sich an, mir vom Herzen zu fallen. Immer darauf bedacht nicht unsere Köpfe an den Querbalken zu stoßen, gingen wir gebeugt von unserer kostbaren Fracht zur Leiter zurück.
Das Licht im Erdgeschoss blendete. Die Heilige Kassilda lächelte uns huldvoll zu. In ihrer Armbeuge ein Korb voll Rosen, um ihre Schultern ein prachtvoller Umhang.