Stimmungskanone

Die Hitze hielt die Stadt im Griff, wie eine träge Bulldogge einen Knochen zwischen den Zähnen trägt. Müdigkeit lag mir auf dem Leben und ich sehnte mich nach jemandem, der mir die Leber lausen möge. Um mich her sann man über diktatorische Freiheiten nach, freute sich an schnödem Kram und verlangte mir das Äußerste ab. Das Gebirge der unerledigten Aufgaben schimmerte am Horizont in der Abendsonne. Die Tür ging auf. Herein kam der Tod. Sein mageres Eselchen hatte er im Flur an ein herumliegendes Kabel gebunden. Er stieg über ein Häufchen Schmutzwäsche und sah sich müde nach einer Sitzgelegenheit um. Ich lugte unter meiner leichten Sommerdecke hervor und deutete auf meinen Schreibtischstuhl. Nachdem er sich eine Weile geräuspert hatte, begann er, über die Strapazen der Reise zu klagen. Murenabgänge hatten die Hauptwege verschüttet, ein Unwetter mit Hagelkörnern, groß wie Brotlaibe. Das Bergvolk war mürrisch und unfreundlich. Sein Gerede langweilte mich, aber ich traute mich nicht, ihn zu unterbrechen, also gähnte ich lediglich hinter vorgehaltener Hand. Der Tod verstand die Geste und zog eine Aktenmappe aus seiner Tasche hervor. Er setzte eine runde Nickelbrille auf und blätterte.
„Du trödelst“, sagte er schließlich. „So geht es nicht weiter.“
„Ich kann mich nicht erreichen. Es sind nur ein paar Zentimeter, die zu überwinden versuche ich den ganzen Tag. Ich bin kurz davor, aber dann befällt mich Erschöpfung. So geht der Tag zu Ende.“
„Ich werde dir helfen“, sagte der Tod und überreichte mir ein Paket. Eine Weile saß er schweigend da, bis auf dem Flur das Eselchen wieherte. Er küsste mich zum Abschied und zog die Tür hinter sich zu.
Das Paket enthielt eine Stimmungskanone und vier Schachteln mit Munition. Jeden Morgen stehe ich nun vor dem Spiegel und drücke den Lauf gegen meine Schläfe. Ich kann den Widerstand des Abzugs nicht überwinden. Es sind nur ein paar Milimeter. Ich bin kurz davor, aber dann befällt mich Erschöpfung. So geht der Tag zu Ende.