Es geschah am siebten Advent. Hunderte von Festnahmen, nachdem die Demonstranten Steine und verdorbene Meeresfrüchte auf die Wasserwirtschaftskapitäne und ihre flankierenden Schiffsjungen geschmissen hatten; eine Flut von Menschen füllte die Untersuchungsgefängnisse der angrenzenden Stadtviertel. Die steigende Anzahl von Selbstanzeigen gerade unter Angehörigen der sogenannten jüngeren Generation gab Anlass zur Diskussion unter uns Arrivierten.
Der Vorsitzende des Kulturausschusses war von seinem Platz am Kopf der Tafel aufgestanden, hatte den Anwesenden in die Nacken geatmet und die Auswirkungen der Unruhen auf die Energieversorgung einiger wichtiger Projekte im Umfeld des alljährlichen Hafenfestes betont.
„Ahoi, Freunde der Seewege!“, begrüßte er den aufrechten Rest von uns, als er, in einen Matrosenanzug gewandet, an der Tafel mit einem Stück ordentlicher Schulkreide in seiner klammen Hand stand. „Der Taifun ist nicht ungleich einer Hundepeitsche über uns gekommen. Ihre Gedanken dazu, Vorschläge, Anregungen?“
Der alte Seebär zwei Plätze neben mir pulte sich mit dem Finger Perlen aus der Ohrmuschel und brummte: „Die Jugend zieht scheinbar den sicheren Hafen der Gefangenschaft einem Leben in stürmischer See vor. Eine warme Mahlzeit, eine Pritsche, saubere Kacheln, das scheinen den feinen Herrschaften berechenbare, anstrebenswerte Größen zu sein.“
Wir anderen nickten beifällig und tranken Rum aus hohlen Schädeln. Der Vorsitzende war nicht einverstanden und drückte es in der bedingt liebenswerten Art aus, die ihm eigen war: „Lüstern im Meer / Mädchen sich erheben / auf der Flut und erbeben / ruckeln hin und her.“
Mit diesem Bild vor dem geistigen Auge ging es zum nächsten Tagesordnungspunkt: Wir verließen den Konferenzraum und begaben uns in die Kantine. Man servierte eine einfache Selleriesuppe, Zanderfilets nach Matrosenart mit Petersilienkartoffeln und sauer eingelegten Böhnchen, zur Nachspeise Mohnstrudel. Hätte nicht offiziell Rauchverbot bestanden, wären zum anschließenden Cognac Zigarren gereicht worden. So durfte jeder von uns einmal symbolisch an der Meerschaumpfeife des Vorsitzenden ziehen, bevor wir paarweise zum neu-platonischen Geschlechtsverkehr in unsere Zimmer schlichen.
Beim Frühstück am nächsten Morgen herrschte unter den Teilnehmern Einigkeit, dass unsere Kraft sowohl in unserer Wahrnehmung als auch in unserem Gedächtnis läge – ein Umstand mit dem wir, wie wir fanden, beruhigt weiterleben konnten.