Nathan Söder ist in der Nachbarschaft ob seiner Hinterfotzigkeit verrufen. Man sagt ihm nach, er lege Giftköder und Kekse mit Nadeln für Hunde und Katzen aus. Auch stellt er den Kindern hin und wieder ein Bein oder gibt ihnen einen heimtückischen Stoß, wenn sie üben, wie man mit dem Fahrrad fährt. Ich finde ihn gar nicht so schlimm. In einer Welt voller Fassbomben und Sklavenhandel sind solche Dinge Kleinigkeiten.
Jeden Morgen nimmt mich Nathan Söder im Beiwagen seines Motorrades mit zur Arbeit. Wir sind in der Fabrik für Nasenrubine beschäftigt. Meine Tätigkeit ist nicht anstrengend und ich habe ein bescheidenes Auskommen. Zusammen mit etwa siebzig Kolleginnen sitze ich in einer Halle. Jede hat ihr eigenes Tischchen mit eigenem Werkzeug. Nathan Söder ist unser Stubser. Er trägt einen ledernen Boxhandschuh, mit dem er uns, sobald wir eine Ladung Rubine fertig haben, einmal auf die Nase schlägt. Lächelnd geht er durch die Reihen. Mit einem kleinen Blasebalg trockne ich das Blut und nach einer Weile hole ich mit einer silbernen Greifzange vorsichtig die Rubine aus der Nasenhöhle und lege sie auf einer Glasplatte ab. Ein Kollege sammelt die dunkel glänzenden Dinger mit einer Pinzette ein und bringt sie zum Härten. In der Vorweihnachtszeit müssen wir Überstunden machen, denn die Nachfrage ist groß. Einen Schnupfen kann ich mir freilich nicht erlauben. Einschlüsse mindern die Qualität. In den Pausen lege ich mir kühle Kompressen auf, um die Schwellung klein zu halten.
Nach Feierabend halte ich die Nase in den Fahrtwind und genieße den Heimweg. Nathan Söder stellt das Motorrad vor dem Haus ab und verschwindet grußlos. Ich gehe die Stufen in den dritten Stock hinauf, lasse mir eine Badewanne ein und träume von der Südsee, wo ich im weichen Sand Hula tanze.