Thea Pelzfuß steht im Schatten eines Laubbaumes und schaut den Hunden auf der Wiese zu. Aufgeregt springen sie umher und jagen einander nach. Kläffen, Bellen, Knurren und Hecheln überall. Sie wollte den Singvögeln zuhören, aber daraus wird wohl nichts. Ein bärenartiges Tier kommt auf sie zugerannt. Thea Pelzfuß ist beunruhigt. Soll sie ein Stück Wurstbrot als Zeichen ihrer Friedfertigkeit anbieten? Freundlich lächeln oder versteht der Hund das als Zähnefletschen und wird von Blutdurst übermannt? Jedenfalls darf man keine Angst zeigen. Was aber zeigt man stattdessen?
Bevor Thea mit ihren Gedanken ins Reine kommt, erscheint ein Mann in blauem Sportanzug und ruft ihr voller Freude zu: „Der macht nichts!“ Als er bei Thea Pelzfuß angekommen ist, wiederholt er nicht ohne Stolz: „Der würde nie irgendwas machen!“
Thea rümpft die Nase. „Gar nichts? Den lieben langen Tag? Das ist doch kein Leben.“ Sie beugt sich vor und blickt prüfend zwischen die Hinterbeine des Tiers. Ein Männchen ohne Hoden. „Kinder hat er wohl auch keine.“ Sie runzelt die Stirn und fügt hinzu: „Das ist doch kein Leben.“
Merkwürdig ist das. Was bei einem Hund als Wohlerzogenheit und Voraussetzung für geselliges Beisammensein gilt, macht den Menschen zum Strauchdieb und Drückeberger. Theas Eltern hatten niemals im Bekanntenkreis die frohe Botschaft verkündet, ihre Tochter mache nichts, ja, würde nie irgendwas machen. Stets wurde diese Information mit Ächzen und Stöhnen und Schmach und Gram und hilfesuchenden Blicken und schamvoll gesenkter Stimme weitergegeben. Dabei stimmte es nicht einmal. Thea Pelzfuß wollte nur keine Dinge tun, die sie nicht konnte. „Übung macht den Meister“, pflegte ihr Vater zu sagen, wenn er ihr die Leviten las, weil sie wieder einmal die Paukenstunde geschwänzt hatte. Doch Thea blieb unempfänglich für des Vaters Predigten und das Pelzfuß-Orchester für alle Zeit ohne Paukistin. Auch feucht Rauswischen vermied Thea Pelzfuß ihr Leben lang wo es ging. Ihre zahlreichen Tätigkeiten blieben von der Umwelt weitgehend unbemerkt. Unbehaglich war es ihr deshalb nie gewesen.
Bevor Thea mit ihren Gedanken ins Reine gekommen ist, verschwindet der Mann im Sportanzug mit seinem Bärenhund schimpfend hinter einem Ginsterstrauch. Sie lauscht noch eine Weile seinen Tiraden, bis sie vom Gebell der Hunde übertönt werden.