Die weibliche Gestalt neben mir hat sich wohl eingekotet. Ich rieche es, ein kurzer Blick auf ihre Hose, aus der es quillt, bestätigt meine Vermutung. Jede Spannkraft ist aus ihr gewichen; zusammengesunken, in Jeansshorts gekleidet, ist sie Teil meines Stadtbilds.
Ein buntes Bild, in der Tat: Da picken Vögel, da werden Hunde getragen, Taschen und Tüten, Tätowierungen, die neusten Risse in den Hosen, gut gefüllte Mutterbrüste unter T-Shirts – da wird sich das Haar gebürstet und dort werden Flusen von leichten Kleidern gezupft.
Transparente Mauern werden errichtet, Trampelpfade ausgetreten, Jugendliche auf Geschichtsentdeckung getrieben, Flicken auf Wissenslücken geheftet, genäht und anderweitig angebracht. Da wird gebettelt, was das Elend hergibt, da werden mit spitzer Zunge Lippen befeuchtet, Löcher in Stoff geleckt und dort trinkt ein Gerüstbauer ein frühes Feierabendbier.
Da werden Rade gebrochen, Sprachen gesprochen, Dialekte und Akzente, da wird gescherzt und dort geflucht. Zwischen Zähnen gehetzt – da wird vor Heimweh und Sehnsucht gefleht, dort werden Münzen gezählt. Wider besseren Wissens wird Hütchen gespielt, Kost und Logis durchgebracht, das ganze Haus, der ganze Hof im fernen Rest-Deutschland, verprasst.
Da wird Glück gehabt oder eine Chance verpasst, in der Tram im Tran gestöhnt, in Trauer geseufzt, dort wird der Tag zur Nacht gemacht, da wird gelacht.
Und angesichts dieses Tumults ist es besser, keine Angst vor den Mitmenschen zu haben, sie alle ins Herz zu schließen und eine Caprisonne zu trinken. Das wässrig-zuckrige Gesöff vergangengeglaubter Kindheit nimmt dem Jedentag die Kanten und lässt die Sau, die eben noch durchs Dorf getrieben werden sollte, in ihrem Koben grunzen.
Die Frau neben mir richtet sich ächzend auf. „Was denkst du?“, fragt sie mich, als hätten wir gerade in Eintracht geschwiegen.
Ich antworte: „Wie hektisch so ein Spatzenleben ist.“ Doch das entspricht nicht ganz der Wahrheit.