Absichtserklärung

Jörg Gufler schließt die Butterbrotdose und hält den Atem an. Dann atmet er aus und wieder tief ein, beginnt zu hecheln, immer schneller, immer schneller.
„86% Atemfähigkeit oder Lungenvolumen oder Kapazität, oder so was Ähnliches. Das sei ein guter Wert, sagt der Arzt. Für einen Mann. In meinem Alter.“
Stolz blickt Jörg Gufler in die Runde seiner Mitfahrer, als erwarte er Applaus oder eine andere Form der Anerkennung. Doch die Passagiere im Linienbus nach Fulda sind nicht an seinen medizinischen Testergebnissen interessiert, wie Gufler missbilligend zur Kenntnis nimmt.
Er versucht, indem er ihr mit dem Zeigefinger in die Seite piekst, die Aufmerksamkeit der rotgesichtigen Frau neben sich zu erregen, die konzentriert Beziehungstipps in einer Frauenzeitschrift studiert.
„Ich arbeite an einem Theaterstück über Wallenstein“, sagt er und lächelt gewinnend. „Allzu weit gekommen bin ich noch nicht, aber ich habe schon Ideen für den Titel: Entweder nenne ich es ‚Der syphilitische Teufel‘ oder ‚Der menschlichste Mensch‘. Je nachdem, ob ich das Stück protestantisch oder katholisch anlege. Nun ist es ja leider so, dass die wenigsten Menschen heutzutage in Fragen des Dreißigjährigen Krieges überhaupt noch eine differenzierte Meinung hegen. Das prangere ich an! Aber sagen Sie, welcher Ansatz würde Ihnen persönlich denn besser gefallen?“
„Sie haben Käse zwischen den Zähnen“, sagt die Sitznachbarin und vertieft sich wieder in ihre Illustrierte.