„Da laust mich ja der Affe!“ ist ein Satz, den ich in meiner Kindheit häufig zu hören bekam. Besonders meine Tante Mariedl rief ihn bei jeder auch noch so kleinen Überraschung aus und schlug dazu die Hände über dem Kopf zusammen, dass die dünnen, goldenen Armreifen an ihren Handgelenken klimperten wie die Glöckchen des Christkinds. Mariedl, stets aufgetakelt, als wollte sie zum Karneval in Rio, hatte gewiss ihr Leben lang keinen Affen zu Gesicht bekommen, denn sie stammte aus einem Dorf am Hang eines finsteren Tals und vom Reisen wurde ihr übel.
Ich hingegen wurde von meinen unternehmungslustigen Eltern bald hierhin und bald dorthin verfrachtet. So kam es, dass ich bereits im Alter von drei Jahren einen Affen zu Gesicht bekam. Er saß auf dem Ast eines kahlen Baumes, blickte mürrisch in die Welt und zog manchmal lustlos an der Kette, die ihn am Baum festhielt. Im Großen und Ganzen bot er keinen erfreulichen Anblick und der Kerker hatte ihm wohl die Freude am Lausen genommen, denn er kratzte sich nicht einmal selbst.
Ein rotgesichtiger Mann verlangte nach Unterhaltung und näherte sich dem Affen, wobei er allerlei Faxen veranstaltete und Fratzen zog. Das Tier wandte sich zunächst mit hängenden Schultern ab, was den Mann nur noch mehr anstachelte. Selbst ein Tier, dem Gefangenschaft und Erniedrigung zur zweiten Natur geworden sind, verliert irgendwann die Geduld, und so endete die Szene zu meiner Erleichterung damit, dass der Affe dem Mann einen Finger abbiss.
Heutzutage sagt kaum mehr jemand, er glaube vom Affen gelaust zu werden, obschon jedes Baby im Kinderwagen Affen in allen Variationen zu sehen bekommt und an jeder Ecke welche herumlungern. Läuse gibt es ebenfalls zu Hauf, doch man spricht höchstens hinter vorgehaltener Hand über sie. Die Zeiten ändern sich eben.