Ballsaison

Der Ballsaal füllt sich langsam zu beiden Seiten. In der Mitte wird noch Platz gelassen, denn vor dem Eröffnungstanz darf die Saalmitte nicht betreten werden. Nur Geraune ist zu hören, man will sich nicht zu früh hervortun. Die Logen zum Bersten gefüllt, wie von Maden befallene Austern. Brillanten und Kronleuchter klackern, Schweißperlen sammeln sich Achselhöhlen und bereiten Gestank vor. Hälse werden gereckt, voller Gier nach Häppchen und Spezereien. Wie zusammengetriebene Schafe reiben sich die Gäste im Foyer aneinander. Ungeduld wabert durch die Räume. Die Stimmung kann jederzeit kippen. Da spielt das Orchester einen Klimbim. Stille. Der Hufrat betritt klappernden Schrittes den Saal. Ein in die Jahre gekommener Wallach mit feistem Weidebauch ist er, die Mähne hängt in gilben Zotteln bis zum Boden hinab. Er murmelt seine Eröffnungsrede. Niemand versteht ihn. Die Ballgäste werfen zornig mitgebrachtes Fallobst in seine Richtung. In Panik galoppiert er davon. Ein Tumult entsteht. Das Orchester spielt einen ungarischen Tanz dazu. Debütantinnen werden zu Tode getrampelt. Der Themenführer gibt die Parole aus, und endlich kann es los gehen. Bis zum Morgengrauen wird getanzt, gesungen, geschlagen und geboxt. Heiterkeit und Agonie wirbeln im Walzertakt über das Parkett. Die Reinemachfrauen werden noch tagelang jammern, wie oft sie sich nach abgerissenen Ohren bücken mussten.