Ich drücke auf den Knopf. Durch die Gummierung des Türrahmens höre ich das gedämpfte Schnarren des Signaltons. Gleich wird jemand eintreten und das gemischte Gefühl von Müdigkeit und Aufregung hereinbringen, das durch langes Warten entsteht. Mir bleibt nur ein kurzer Augenblick, während die im Wartesaal stundenlang Zeit haben sich vorzubereiten. Wochenlang können die Leute sich mit ihren Formularen beschäftigen und eine Rede auswendig lernen. Ich habe nur einen Moment der Ruhe, dann muss ich bereit sein für was auch immer sie wollen. Schlechte Laune und Machtlosigkeit setzen sie mir vor und erwarten im Gegenzug, dass ich freundlich bin und voller Verständnis für ihre Petitessen.
Der Mann trägt einen grünen Regenmantel und riecht ein wenig nach Hund. Er hält mir den Zettel mit seiner Nummer entgegen. Er ist Feucht vom Handschweiß.
„Mein Name ist Anwar Pelzfuß“, sagt er und blickt sehnsüchtig auf den Plastikstuhl vor dem Schreibtisch. Er traut sich nicht, ohne Einladung Platz zu nehmen, also weise ich ihn an sich zu setzen.
„Was kann ich für Sie tun?“
„Ich möchte eine Vermisstenanzeige aufgeben.“
„Wie heißt die vermisste Person und seit wann ist sie abgängig?“, frage ich, während ich das Antragsforumlar aus der Schublade nehme.
„Es geht um mich selbst.“
Ich sehe ihn an. Er scheint kein Spaßvogel zu sein.
Anwar Pelzfuß findet sich nicht mehr. Seit drei Tagen. Er ging im Geschäft zum Klo und gab sich ein paar Minuten einem Tagtraum hin. Als er zurückgehen wollte, war er nicht mehr da. Die Kollegen fragten nach ihm, aber er konnte keine Auskunft geben. Achselzuckend ging er nach Hause, in der Hoffnung, sich dort anzutreffen. Vielleicht war er ja krank geworden. Seine Frau stand am Bügelbrett, doch sie wusste nicht zu sagen, wo er abgeblieben war. Nach einer Weile wurde sie seiner bohrenden Fragen überdrüssig und trug ihm auf, in seinem Stammlokal zu suchen. Der Wirt, ein präpotenter Fettsack, erinnerte sich nicht, wann er Anwar Pelzfuß zuletzt gesehen hatte. Vielleicht am Wochenende, vielleicht aber auch vor vierzehn Tagen. Herr Pelzfuß beschloss, schlafen zu gehen. Am nächsten Tag würde sich alles finden. Aber er blieb verschwunden. Anwar Pelzfuß gab dem Dackel eine alte Socke, um seine Witterung aufzunehmen und ging mit dem Hund um die Häuser. Vergeblich.
Ich nehme seinen Bericht auf und verspreche, eine Fahndung auszugeben.
„Kann ich hier warten, bis es etwas Neues gibt?“, fragt er und schiebt seinen Stuhl neben die Heizung.
Ich nicke. Er ist gar nicht so übel. Auf dem Weg zum Kaffeeautomaten werfe ich die Vermisstenanzeige in den Aktenvernichter.