Caruso

Am Wochenende kommt mein Onkel Caruso zu Besuch. Ein unangenehmer alter Herr, der häufig „Informier dich mal!“ ruft. Aber wenn ich mir weiterhin Hoffnung auf seine Erbschaft machen will, komme ich um das vierteljährliche Wochenende mit ihm nicht herum, auch wenn ich es vorzöge, mit einem Fabelwesen einen Staatsbesuch im Reich der Mitte zu machen.
Mit düsterer Mine schiebe ich den Staubsauger über den Fußboden und verwünsche meine Geldgier. Ein Papagei flattert zum Fenster herein und lässt sich auf einer Sessellehne nieder. Er schüttelt sein prächtiges Gefieder. Staub und kleine Federn rieseln auf den frisch gesaugten Teppich hinab. Das Tier legt den Kopf zur Seite und blinzelt langsam. Das hat mir gerade noch gefehlt.
„Kommt Caruso?“, krächzt der Papagei und geht seitwärts die Lehne entlang auf mich zu.
Ich stelle den Staubsauger ab und nicke.
„Das freut dich nicht“, stellt der Papagei fest. „Ich frage mich, warum du ihn einlädst und sogar noch für ihn saubermachst, wenn es dich nicht freut.“
Beinahe hätte ich „Informier dich mal!“ gerufen. Das war knapp. Stattdessen erkläre ich dem Vogel, dass Onkel Carusos Erbe meine einzige Möglichkeit ist, irgendwann ein Leben in Saus und Braus zu führen. Der Vogel erhebt sich in die Lüfte, kreist lachend um meine Lampe, lässt sich dann auf meiner Schulter nieder und zwickt mich ins Ohrläppchen.
„Mein Freund, der zottelige Hundekönig, mit dem ich ein paar Jahre auf einem Wikingerschiff zur See gefahren bin, hat immer gesagt: Wenn du es schon tun musst, kannst du es auch mit Liebe tun!“, flüstert er. „Ich lasse mir jetzt mal ein Bad ein. Bis später.“ Der Papagei flattert lachend ins Badezimmer und ich lausche dem Sausen und Brausen des Wassers in den Leitungen.