Normalerweise ernähre ich mich ausgewogen und vermeide Völlerei oder gedankenloses Schlingen. Aber hin und wieder überkommt mich das Verlangen nach dem Fett von Tieren mit viel Salz oder Zucker in Mengen, die weit über meinen Hunger hinausgehen. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die glauben, sie würden beim Essen kein Leid verursachen, wenn sie auf Mahlzeiten aus Tierkadavern verzichten. Ich höre zu oft das Gras wachsen, um mich dieser Illusion hingeben zu können. Wer sich nicht auf die hohe Kunst der Photosynthese versteht, muss töten um zu essen. Und selbst darüber ließe sich gewiss mit einem Kohlendioxidmolekül streiten, wenn man nicht so eingeschränkt im Austausch mit der Umwelt wäre.
Also fand ich mich kürzlich an einer Imbissbude wieder und badete meine Seele in roter Wurst und in Fett gebackenen Kartoffeln. Mir gegenüber tupfte sich eine Dame Currysoße von den schmalen Lippen und nippte dann an einer Bierdose. Sie musterte mich von oben bis unten.
„Sie“, wisperte die Dame, „Sie sind doch auch eine von der Sorte.“
Neugierig wende ich mich ihr zu. Die Zugehörigkeit zu einer Sorte ist nämlich eine meiner großen Sehnsüchte.
„Sie denken wohl auch, man könne die Welt von der Tyrannei befreien, indem man der Rüstungsindustrie ein bisschen Geld in den Rachen schmeißt und Leute in fernen Ländern die Drecksarbeit erledigen lässt, damit man sich Zuhause auf dem Sofa wie ein vom Krieg geschundener Soldat fühlen kann, der den Kindern auf der Straße vom Panzer herunter Süßigkeiten zuwirft. So eine sind Sie doch!“
Ein Weilchen betrachte ich mein Spiegelbild in der Glasscheibe der Imbissbude und versuche zu erkennen, ob ich so eine bin. Seufzend rücke ich meine Krone zurecht. Die Kartoffelschnitze sind kalt geworden und ich werfe sie den Spatzen zu.