Vor gar nicht langer Zeit halfen mir die Polterer mein Leben zu meistern und zu gestalten. Die Polterer sah und hörte niemand außer mir und wenn sie des Nachts nicht durch meine Wohnung huschten und die Tätigkeiten verrichteten, die tagsüber liegengeblieben waren, hörte ich ihre Stimmchen in meinem Kopf.
Sie stritten viel; obwohl sie es ‚debattieren‘ nannten, war viel leicht vernehmbarer Hass zwischen ihnen.
„Seid still!“, rief ich ihnen eines Tages zu, als es in meinem Kopf mal wieder hoch herging. Kurz verstummten sie, doch bald darauf schnatterten sie lauter als zuvor.
Ich beschloss, einen Spaziergang im Umland zu unternehmen, doch drei der Polterer standen im Türrahmen und versperrten mir, mit Putzeimern und Schrubbern bewaffnet, den Weg nach draußen, wo bereits der Abend dämmerte.
„Du kannst hier nicht durch“, sagte der Fülligste der drei. „Wir haben noch nicht fertig gewischt. Und dann muss es noch trocknen; du wirst dich also gedulden müssen.“
„Wie lang soll es denn dauern?“, drängte ich, denn ich wollte unbedingt noch einen Rest Sonnenschein erhaschen, bevor bald die Nacht hereinbrechen würde. Mir fiel auf, dass alle drei bodenlange Gewänder trugen, sodass ich ihre Füße nicht sehen konnte. Mich ergriff eine unbezähmbare Neugier – ich musste wissen, wie die Füße der Polterer aussahen. Waren sie groß, hatten sie schmale Füße oder breite, trugen sie Schuhe oder gingen sie barfuß? Zurück in der Stube, ließ ich mich von diesen Fragen bis kurz nach Mitternacht quälen.
An Ausgehen war nicht mehr zu denken, die Polterer waren ebenso fleißig wie unendlich langsam in ihrem Tun und von geradezu westfälischer Sturheit – wen sie nicht passieren lassen wollten, der kam nicht vorbei.
Um meinen Wissensdurst dennoch zu stillen, besann ich mich einer alten List der Kammerjäger und Schädlingsbekämpfer. Als die Stimmen in meinem Schädel endlich verstummt und die Geräusche in der Wohnung verklungen waren, streute ich handelsübliches Haushaltsmehl vom Typ 405 in allen Zimmern aus, legte mich in mein Bett, zog die Decke über den Kopf und schlief fast auf der Stelle ein.
Als ich erwachte, sprang ich auf und untersuchte die Spuren im feinen Weizenstaub. Groß war mein Erstaunen, als ich sah, dass die Polterer auf für ihre Körpergröße riesigen Entenfüßen durchs Leben watschelten.
Ich fing an zu lachen, und mein Lachen war derart, dass die Polterer wohl mitbekamen, dass jemand ihr Geheimnis gelüftet hatte. Jedenfalls suchten mich die Polterer von diesem Tag an nicht mehr auf; in meinem Kopf herrschte Stille und ich musste fortan meinen Kram und mein Leben selbst in Ordnung halten. Was mir mal besser und meist schlechter gelingt. Ich schleiche nurmehr bleich umher und kann vor Tiefsinn kaum noch atmen.