Die Leute haben romantische Vorstellungen von der Flucht. Als sei sie etwas Besonderes, als hätten sich die Menschen nicht immer schon in Bewegung gesetzt, sobald es ihnen allzu unbehaglich wird. Im Grunde ist doch das Leben nichts anderes: Man strampelt, bis es einem angenehm ist, verharrt dann in der Hoffnung, der Zustand möge Bestand haben. Hat er nicht. Weiter.
Alma Pelzfuß starrte in die Tasche, die zu ihren Füßen lag. Das Maul weit aufgesperrt, zeigte sie ihr den leeren Schlund, begierig, alles aufzunehmen, was Alma für wichtig erachtete. Was würde sie mitnehmen in das Neue? Die Tasche durfte nicht zu schwer sein, schließlich konnte man nicht sicher sein, wie lange man sie zu tragen hatte. Zudem entpuppten sich viele Dinge, die man am einen Ort für unentbehrlich gehalten hatte am nächsten als nutzlos oder gar störend. Umgekehrt sehnte man ein Ding dabei, das man anderswo achtlos weggegeben hatte. Man wusste eben nie, wie man werden würde. So war das.
Alma Pelzfuß steckte ein Bärenkostüm ein. Es konnte nicht schaden, eine Tarnung bei sich zu haben und als Bär durfte man darauf hoffen, unbehelligt zu bleiben. Sie hob die Tasche prüfend an. Zu leicht. Ein starker Wind würde Alma samt dem Ding davonwehen. Sie packte einen Eispickel dazu und ein paar Glitzersachen, die auf den ersten Blick zwar ohne Zweck, dafür aber von einigem Gewicht waren. Eine Dose mit Keksen, ein Glas mit Honig und ein Fläschchen Hochprozentiges. Ein Büchlein und einen Stift. Besser zwei.
Alma Pelzfuß warf noch einen Blick auf Heim und Herd. Aus dem Wohnzimmer waren Explosionen zu hören. In einem Anflug von Beflissenheit stellte sie das Kreuzfeuer ab und schloss die Haustür leise hinter sich. Draußen war es Winter. Sie zog ihr Bärenkostüm über und nahm das Honigtöpfchen in die Tatze. Alma Pelzfuß brummte der Welt einen Gruß entgegen und zog los. Später verdiente sie ein stattliches Sümmchen mit Tanzeinlagen auf dem Jahrmarkt.