An einem dieser lauen Sommerabende saß mir meine sehr mondäne Bekannte Emilia Saloppi beim Abendessen in einem schlecht besuchten Gartenlokal gegenüber. Ihre ungeheure Weitläufigkeit ließ sie in einem lieblos angerichteten Tomatensalat stochern.
Ich weiß nicht mehr, wie wir ursprünglich darauf gekommen waren, jedenfalls hatte das Thema ‚Präejakulat – Segen oder Fluch?‘ eine hitzige Wendung genommen.
„Ich würde dich bitten“, sagte ich schließlich mit ermattender Stimme, „aufzuhören, es die ganze Zeit ‚Eichelspeichel‘ zu nennen.“
Was ich gegen diesen Begriff hätte, sie wäre sehr stolz auf die Wortschöpfung. Ich winkte ab und fragte, ob sie ihren wirklich unappetitlichen Salat noch essen würde, was Emilia durch Geräusche des Erbrechens eindrücklich verneinte.
Da wir wenig konsumiert hatten, bot ich an, das Bezahlen zu übernehmen. Gerade als ich das Portemonnaie wieder schließen wollte, kam ein Bettler zu uns an den Tisch. Ich wollte vor meiner sehr mondänen Bekannten keinesfalls als Geizknoten dastehen, hatte aber eben dem Kellner mein letztes 50-Cent-Stück als Trinkgeld in die Hand gedrückt, und zögerte dem Zerlumpten meinen 5-Euro-Schein zu geben.
Derart großzügig wollte und musste ich mich vor Emilia auch nicht wieder nicht geben, dachte ich, aber sie wies mich mit auffordernd strengem Lächeln an, dem Übelriechenden doch endlich meine milde Gabe zukommen zu lassen. Ich zögerte noch immer, fummelte letztendlich aber doch den Schein aus dem Fach. Der Bettler nickte erfreut und ging seiner Wege. Gerade als ich ansetzte, mich vor Emilia an meiner Großzügigkeit ergötzen zu wollen, hob sie ihre Augenbraue, was niemals ein gutes Zeichen war, und sagte verächtlich: „Jetzt krieg mal keinen Brosamenerguss, solange wir noch können, werden wir den Schwächeren helfen. Daraus machst du jetzt aber bitte keine große Sache. Oh nein, ich sehe dir doch an, dass du daraus eine große Sache machen willst! Weiß der Henker, was ich mal in dir gesehen habe. Ruf mich bitte nicht mehr an!“
Und damit ließ sie mich stehen. Ich verscheuchte noch einen Schwarm kleiner Fliegen, die um meinen Kopf schwirrten, bevor ich mich mit hängenden Schultern nach Hause begab, auszog, ins Bett warf und um meine 5 Euro weinte, bis mich die Nacht dann endlich in die Arme nahm.