Diebesgut

Auch die Bescheidensten unter uns halten sich für etwas Besonderes. Gewiss, es ist verständlich. Durch einen dunklen Tunnel aus Fleisch presst uns eine unsichtbare Macht mit Gewalt hinaus. Ohne Orientierung, fast blind und mit weicher Schädeldecke, betreten wir die Welt und sind angewiesen auf Güte, Futter und Information. Nach so einem Abenteuer gleich zu Beginn fühlt man sich eben außergewöhnlich.

Sie vermuten ganz richtig, dass ich mir so eine weise Rede nicht selbst zurecht gedacht habe. Am äußersten Ende meiner Jugend weigerten sich meine Eltern, mir das Bummelstudium noch länger zu vergüten, und ich nahm eine Stelle als Klinkenputzerin im Institut von Professor Karuso Pfotenhauer an. Während ich mit einem Lappen aus Flanell und kostspieliger Paste die Türgriffe polierte, belauschte ich den Professor. So flossen all seine klugen Ideen unbemerkt in mein Gehirn, und ich habe sie bis heute als meine eigenen ausgegeben.

Doch damit ist jetzt Schluss. Heute morgen erwachte ich mit einem eigenen Gedanken im Kopf. Das fremde Ding polterte in meinem Schädel hin und her, wie ein betrunkener Hotelgast, der das Badezimmer nicht findet. Nach einer Weile kehrte unbehagliche Stille ein. Ich glaube, er ist einsam und möchte Gesellschaft. Den ganzen Tag liege ich nun schon im Bett und hoffe auf einen zweiten. Er wird schon kommen, und wenn ich ihn mit Gewalt herauspressen muss.