In der Bahn nimmt Frieda Pelzfuß am liebsten den Platz am Ende des Waggons. Letzte Reihe in der Mitte. Die Sitzfläche ist etwas schmaler als die der Bänklein für zwei Personen, so dass man alleine viel Platz hat, aber nicht genug, um einen Sitznachbarn fürchten zu müssen.
Frau Pelzfuß hat das Großraumabteil im Blick: Fahrscheinkontrolleure, herumalbernde Schüler, Mütter mit Kinderwagen, Sittenstrolche und Trunkenbolde. Sie bemerkt jeden. Ein junger Mann in einem Laborkittel steigt zu. Er führt einen großen, dicken Hund an einer Leine. Das Tier trägt einen Sprengstoffgürtel, das ist bei der Jugend der letzte Schrei.
Der Hund legt sich direkt vor Frieda Pelzfuß in den Mittelgang. Die Passagiere geben sich uninteressiert, sehen aus dem Fenster oder betrachten ihre Elektrogeräte. Niemand will Besorgnis zeigen; man möchte nicht wirken, als käme man aus der Provinz und ließe sich von solchen Dingen einschüchtern. Station für Station leert sich der Wagen. Frau Pelzfuß wackelt behaglich mit den Zehen und breitet sich ein wenig aus. Sie schließt die Augen und erinnert sich an eine vergangene Liebe. Der junge Mann legt die Leine neben ihrer Handtasche ab und steigt aus.
Außerhalb der Bahn ist die Aufregung groß. Geschichten von Evakuierungen und einem Terrorhund flitzen um die Welt. Tierexperten und die Gründerin eines Resozialisierungsprogramms für Dackel geben Interviews. Nationale Wahrzeichen werden in Fell gehüllt. Um möglichst schnell eine Ausweichstrecke ins Nirgendwo bauen zu können, wird vorübergehend die Sklaverei eingeführt.
Forderungen nach einer kontrollierten Sprengung werden laut, doch die Gegner meinen, der arme Hund könne nichts dafür. Andere halten einen Zaun für die beste Lösung. Schließlich einigt sich ein Krisenstab darauf, den Zug in einem aufgelassenen Salzstock abzustellen.
Frieda Pelzfuß und der Hund genießen ihre letzten Tage im kühlen Dunkel des Berges.