„Eine Erdbeere wollte Fußballspielen …“
Ich wünschte, ich könnte sagen, dass meine gekrönte Zuhörerin gebannt meinen Worten lauschte, aber dem war nicht so: Sie zappelte und hampelte auf ihrem Stuhl, stand auf, ging um den Stuhl herum, schob umständlich das karierte Sitzkissen zurecht, setzte sich wieder, um weiter zu hampeln und zu zappeln. Dessen ungeachtet versuchte ich meine Geschichte fortzuführen: „Eine Erdbeere wollte also Fußballspielen …“
„Aber eine Erdbeere hat doch gar keine Beine!“
Empört schaute sie mich an, stand wieder von ihrem Stuhl auf und schlug mir mit einem zusammengerollten Sachkundeschnellhefter ins Gesicht. „Du sollst Geschichten erzählen, die wahr sind.“
Ich sagte ihr, dass es mit gebundenen Händen nicht so einfach sei, Wahres zu erfinden. Das ließ sie nicht gelten: „Geschwätz! Ja, wenn ich Dir den Mund verklebt hätte …“
„Wenn Du mir den Mund verklebt hättest, könnte ich überhaupt keine Geschichten erzählen, und dafür bin ich doch schließlich da.“
Sie schlug mir noch einmal mit dem Schnellhefter ins Gesicht, setzte sich wieder auf den Stuhl und schaute mich mit einem Mal ganz milde an: „Sollte es Dir gelingen, mir eine Geschichte zu erzählen, die wahr ist, die wirklich wahr ist, verspreche ich Dir, dass ich darüber nachdenken werde, Deine Fesseln zu lockern.“
Am Anfang der Gefangenschaft hatte sie mich mit der Aussicht auf Freiheit geködert, jetzt nur noch mit eventueller Linderung. Das war also der Stand der Dinge, dergestalt die Lage.