Gestern

Ritze-Ratze Pfarrersfratze. So hieß das, glaube ich, damals, als ich noch ein Kind war und im Hof auf den rötlich-braunen Pflastersteinen mit den anderen Mädchen Gummitwist spielte. Vielleicht hieß es auch anders, mein Gedächtnis ist heute nicht mehr das, was es einmal war. Die Erinnerungen dehnen sich wie ausgeleierte Hosengummis, jeden Morgen finde ich sie ein bisschen weiter entfernt vor, nichts ist mehr an seinem Platz. Vielleicht haben wir auch gar nicht Gummitwist gespielt, sondern Völkerball, obwohl ich das nicht überzeugend finde, denn ich habe Völkerball gehasst und die Erinnerung – wenn es denn eine ist – fühlt sich fröhlich an. Und beim Völkerball würde man doch keine Reime aufsagen. Ich bin sicher, dass ich Reime aufgesagt habe. Ich erinnere mich, als sei es gestern gewesen. Gestern habe ich Nudeln gekocht, doch gegessen habe ich sie nicht. Mir ist der Appetit vergangen, als ich sah, wie das weißliche Salzwasser durch die Löcher im Sieb in den Ausguss lief, für immer verloren, die nackten Nudeln schutzlos in der Kälte zurücklassend. Gestern war doch Mittwoch?