Zwei Abwasserrohre aus Stahl trafen sich an der Straßenecke und verfolgten die Konversation eines Paares, dessen beste Zeiten lang vergangen waren:
„Ich habe es im Ohr. Jetzt warte doch mal! Ich komm gleich drauf.”
„Hm, vielleicht ist die Melodie gar nicht so wichtig. Vielleicht reagierst du jetzt über.”
„Aber es ist doch ‚Unser Lied‘. Erinnerst du dich nicht?”
„Wir haben doch gar kein Lied. Wenn ich ein Lied habe, geht dich das überhaupt nichts an. Du hast vielleicht auch ein Lied, aber wen interessiert das schon? Du bist viel zu ich-fixiert. Denk doch nur einmal an andere! Mich zum Beispiel. Hast du mich gefragt, wie es mir geht? Hast du nicht! Mir geht es nämlich beschissen. Ich habe heute Morgen ein Küken gefrühstückt. Das liegt mir schwer im Magen. Und? Hörst du mich jammern?”
„Ein Küken gefrühstückt? So ganz?”
„Mit Haut und Federkleid. Ganz und gar, roh und lebendig.”
„Das ist ja ekelerregend. Ich glaube, mir wird schlecht.”
„Mir ist auch schon ganz übel. Das Küken hat mit seinem verdammten Flaum meinen Rachen gekitzelt und gepickt und gehackt. Grauenerregend!
Gerade als dann doch noch die verloren geglaubte Melodie gesummt wurde, und immer neue Details über Geschmack und Konsistenz des zum Frühstück verzehrten Kükens zum Vorschein gebracht waren, wurde es den beiden Abwasserrohren zu viel und sie brachen entzwei.