Am Ende des Sommers blökt eine Stimme Kauderwelsch aus einem Lautsprecher. Irgendwo in der Ferne, hinter dem Gezwitscher der Vögel. Der Stadtteilvertreter einer Partei, den es in die Hauptstadt zieht, vermute ich.
Obwohl nichts zu verstehen ist, beunruhigt es mich. Dem Barbier, der von Zeit zu Zeit meinen Backenbart stutzt, entgeht das nicht und so schwatzt er munter über den Sand an seinem Urlaubsort und die schöne Aussicht vom Hotelbalkon und die Vorzüge einer privaten Altersvorsorge. Während er spricht, gestikuliert er mit dem Rasiermesser. Aus Angst um mein Ohr fange ich an zu sprechen.
„In meinem Schädel rennen zahllose Rädchen ohne Pause; seit Jahren drehen sie sich, mal links, mal rechts herum. Manche greifen ineinander, treiben andere an oder bremsen das nächste.“
„So geht es in den meisten Köpfen zu, das ist ja nichts Besonderes“, sagt der Barbier, während er mit geübter Hand den Schaum schlägt.
Wie ich das hasse! Da will man gerade anfangen, etwas zu erzählen, hat eben die Szene entworfen, in der sich die Geschichte abspielen soll und schon gerät der erste ins Zappeln und ruft: „Das kenne ich, das kenne ich, das ist bei mir genauso!“ Es erinnert mich an einen ehemaligen Schulkameraden, der auf jeden angefangenen Satz der Lehrerin mit wildem Fingerschnippen und ekstatischen Lautäußerungen reagierte, dass man dachte, er befände sich im Beischlaf. Als ich dem Bartscherer das zu erklären versuche, hebt er drohend das Messer.
„Das ist eben meine Meinung. Man wird ja wohl noch seine Meinung sagen dürfen.“
Eingeschüchtert schweige ich vorerst. Abscheu wächst in mir und ich sinne auf eine List. Als sich der Raseur in Sicherheit wähnt und wieder in seine seichte Plauderei verfällt, überwältige ich ihn mit dem Umhang und schlage ihm den Schädel am Haarwaschbecken ein. Die Geschichte vom einzelnen Rädchen in meinem Kopf, das den lieben langen Tag stillsteht und sich nur alle Jubeljahre ein paar Mal dreht, wird er niemals zu hören bekommen.