„Opa will private Fotos sehen. Zeigt Opa mal das Album!“ Und mit wütendem Bedauern fügt der rüstige Rentner hinzu: „Niemand lädt Opa zu privaten Partys ein.“
Wenn er sich einmal in Rage geredet hat, kennt Opa kein Halten; dann strömt es geradezu aus seinem Volksmund: „Es heißt immer ‚Opa du lebst wohl hinterm Mond’ oder ‚Opa, deine Hose riecht so komisch, Opa, geh weg!’ und das ist schade, denn ihr jungen Leute könntet von Opas Erfahrungen profitieren. Opa kennt Tricks und Kniffe.“
Widerwillen und Abscheu breiten sich um den Rentner aus; das Liebespaar schließt das Fotoalbum und verlässt eilig die Liegewiese. Opa knöpft sich die Hose zu, in all seiner Seelenruhe und mit der Sicherheit eines Mannes, der schon viel im Leben gesehen und erlebt hat.
Eine stattliche Frau schreitet an ihm vorüber, Opas Hand greift nach ihrem ausladenden Hinterteil – sie schreit: „Hilfe! Zu Hilfe! Ein Sittenstrolch“
Opa ist hin- und hergerissen: Einerseits ist sein Bedarf an Ärger und Aufsehen in der Vergangenheit bereits mehrfach gedeckt worden, andererseits spürt er den Frühling im Schlüpfer. Was tun? Was soll ein Mann bloß tun? Die Frau beschleunigt ihren Schritt, Opa kommt kaum hinterher. Noch immer hört er sie rufen: „Hilfe! Zu Hilfe! Warum hilft mir denn niemand!?“
Als sie bemerkt, dass Opa nicht mehr mithalten kann, verlangsamt sie die Flucht. Der alte Mann dankt es ihr schweratmend. „Sie ahnen gar nicht, wie froh ich bin, gnädige Frau, dass Sie angehalten haben. Warten Sie, ich will Ihnen ein Zeichen meiner Wertschätzung zukommen lassen.“
Opa kramt in der Tasche seines Mantels und fördert einen gebrauchten Schulmädchenslip, eine Packung Papiertaschentücher und eine Bürste aus Wildschweinborsten zu Tage.
„Geschenkemachen ist schlechtes Karma“, sagt die stattliche Frau und hebt abwehrend die Hände. „Ich erkenne in deinem Handeln eine Fülle von Missverhältnis und Hässlichkeit – darum sage ich dir: Ändere dein Tun und dein Leben wird sich verbessern.“
Opa hört die Botschaft wohl, allein ihm fehlt der Glaube.