Waltraud Fibonacci schneidet mit der Schärfe ihres Blicks Scheibchen von einem frischen Stück Seife. Befriedigt ob der glatten Schnittflächen, verlässt sie das Badezimmer und schaut sich, im Bewusstsein ihrer ungeheuren Macht, vorsichtig im Raum um: Ein Spiegel, im Lauf der Jahre stumpf und blind geworden, hängt an der Stirnseite ihres Bettes und erinnert sich vergangener Reflexionen.
Die Fibonacci schnaubt und klaubt Brotkrümel vom Tisch. Sie presst die Krumen zu einem kleinen Brot zusammen und tunkt sie in einen Teller kalter selbsteingebrockter Suppe.
An ihrem Fenster werden Zwillinge in einem Kinderwagen vorbeigeschoben. Waltraud Fibonacci schenkt ihnen keine besondere Beachtung. Mädchen wohl, noch keine zwei Jahre alt. Eines der Mädchen hat einen goldenen Ohrstecker, ohne Frage damit die Eltern imstande sind, die beiden auseinander zu halten. Der Fibonacci ist es einerlei; bis sie die Kinder wird unterscheiden müssen, werden Jahrzehnte vergehen, und wer weiß schon, ob sie dann überhaupt noch zur Differenzierung fähig ist, Ohrstecker hin oder Ohrstecker her.
Vielleicht, denkt sie, sind die Menschen in 20 Jahren überhaupt nicht mehr unterscheidbar. Wenn erst alle zu einer homogenen Masse verschmolzen sind, werden wir über Gedanken wie meine bestenfalls noch schmunzeln.