Am Informationsstand der Streitkräfte reicht ein Soldat im leichten Kampfanzug den Passanten Hochglanzbilder von Brunnen und frischgetünchten Schulgebäuden. Dazu lächelt er verbindlich und freut sich am regen Interesse und dem Zuspruch der Bürger. Als alle Bilder verteilt sind, schaut er auf sein Mobiltelefon und geht nach Hause. Pünktlich auf die Minute. ‚Alles eine Frage konstruktiven Zeitmanagements’, denkt er sich und er ist dankbar für die gute Schulung, die ihm zuteil wurde. ‚Es geht doch nichts über Training der Methodik.’
Er greift nach seiner Freundin und hat Verlangen nach ihr. Sie hält still, als er sie berührt und sich an ihr reibt. Er hat den Eindruck, dass sie ihn fragend anschaut, beginnt zu erklären: „Was die Menschen nicht verstehen wollen, ist doch, dass wir es nicht für uns tun. Wir tun es für sie. Für ihren Schutz. Natürlich müssen auch tiefe Täler durchschritten werden, wilde Wasser durchschwommen; natürlich wird es Opfer geben. Was wäre denn ein Weg, was wäre denn ein Krieg ohne Opfer? Wer denkt, er würde verschont vom Leben, hat offenbar nicht verstanden, was es heißt, Werte zu verteidigen und das große Ganze im Auge zu behalten.“
Er öffnet die Uniformhose und präsentiert der Freundin stolz seine Erregung; sie sitzt steif auf dem Sofa, starrt nach vorne. Kein Augenkontakt, sie meidet seine Blicke. ‚Was habe ich falsch gemacht? Was hat sie denn?’, denkt er und droht die Erektion zu verlieren.
Beschwörend sagt er zu ihr: „Die Welt ist der Aufenthaltsort der wandernden und suchenden Seelen. Je weniger die Menschen darüber wissen, desto besser für sie. Sie können sich beruhigt zurücklehnen und ihr Leben einfach geschehen lassen. Wir bieten ein Rundumsorglos-Paket für den, der nicht hinterfragt. Verlangen wir Dank dafür? Ehrungen? Nein; die Vermeidung von Reibung ist uns Lohn genug.“
Seine Freundin schweigt dazu. Zwar ist ihr Mund zum offenen Kuss gestülpt, aber kein Ton dringt aus ihr heraus. Der Mann geht ins Badezimmer, um Babyöl zu holen. Er mag es, wenn es glitschig ist. Ihr ist es gleich.
Obgleich niemand eine Rechtfertigung von ihm verlangt, kniet er sich langsam und mit knackenden Gelenken vor sie. Er weiß, dass sie ihm nicht vergeben wird, was wieder einmal nicht zu vergeben ist.
„Wir garantieren den ungestörten Jeden-Tag. Die Gewissheit, dass die Welt nach dem Aufwachen dieselbe ist, die man für die Stunden des Schlafs verlassen hat. Das ist nicht wenig. Das ist im Gegenteil sogar sehr viel. Eine Welt der Unregelmäßigkeiten ist nicht besser als ein Meer von geschmolzenem Blei und brennendem Schwefel.“
Bevor sie ihm widersprechen kann, erhebt er sich, packt ihren Nacken und nickt für sie, wie um sich selbst zu bestätigen.