Versprochen

Ich halte nicht viel von Schwüren. Sie erwecken den Eindruck, man müsste sich in einer bestimmten Sache nicht mehr entscheiden und sei für alle Zeit vor Veränderungen sicher. Götter, Mütter und das Leben müssen als Beschworene herhalten, einzig damit der Schwörer keine lästigen Fragen mehr beantworten muss oder bei Gericht einen seriösen Eindruck machen kann.

Schwören gilt gemeinhin als Zeichen von gefestigtem Charakter und wer es ablehnt, wird beargwöhnt. „Die will sich nicht festlegen!“ oder „Der möchte nicht für seine Lügen einstehen!“, rufen die Freunde des Eides dann und müssen aufpassen, dass ihnen dabei der Geifer nicht vom Kinn rinnt. Die mag ich im Übrigen noch weniger als die Schwüre, aber das ist eine andere Geschichte.

Eine flatterhafte Person bin nicht, im Gegenteil. Mein Leben ist von an Stillstand grenzender Beständigkeit, meine Lügen sind leicht zu durchschauen und liegen mir dennoch schwer auf dem Herzen, so dass ich meist unter ihrem Gewicht zusammenbreche. Als junger Mensch habe freilich auch ich den ein oder anderen Schwur geleistet, denn das Dramatische lag mir außerordentlich. Aber in der Rückschau hat nur ein einziger Bestand: Niemals habe ich die Polizei wegen zu lauter Musik verständigt.

Jetzt fragen Sie sich wohl, wie es bei mir um Verbindlichkeiten bestellt ist. Schnüre statt Schwüre! Ich verwende Schnur. Hellbraune, dicke und weiche Paketschnur, die feine Härchen hat, wie eine Raupe. Die hält mein Leben bombenfest zusammen. Das hoffe ich wenigstens.