Vorhang auf. ER und SIE sitzen sich auf dem Wohnzimmerteppich im Schneidersitz gegenüber. ER trägt ein Gewand aus feinem, leichtem, schwarzem Stoff – SIE lediglich ein etwas zu kurzes, gestreiftes Oberteil. ER erklärt ihr seine Sicht auf die Welt, SIE nickt großäugig.
ER: Patriotismus gepaart mit Fremdenfeindlichkeit ist das letzte Refugium desjenigen, der in den Spiegel schaut, und hasst, was er sieht.
Plötzlich klopft es an der Tür (Wahlweise ertönt ein unangenehmes Klingelgeräusch), ER steht unter Mühen auf, streicht sich das Gewand glatt und geht gemessenen Schrittes, mit wogendem Gewebe zur Tür. ER kommt zurück ins Wohnzimmer, wo SIE begonnen hat, sich ihres Oberteils zu entledigen.
SIE: Wer war es denn?
ER: Eine kleine Frau in ihren mittleren Jahren.
SIE: Was wollte sie?
ER: Sie fragte, warum eigentlich kein Singspiel?
SIE: Was hast du geantwortet?
ER: Ich habe ihr die Tür vor der Nase zugemacht. Was ist das überhaupt für eine Frage, warum eigentlich kein Singspiel? Aber, wie ich gerade sagen wollte, je entfernter man von sich selbst ist, desto fremder erscheinen einem die anderen.
Es klopft / klingelt erneut. Dieses Mal steht SIE auf und verlässt schwingenden Busens den Raum. Als SIE zurückkommt, steht ER am Fenster und blickt sinnend in die Nacht.
SIE: Es war nochmal die Frau. Sie fragte, warum eigentlich kein Singspiel?
ER dreht sich um und breitet seine Arme aus.
SIE: Da wusste ich keine Antwort und habe nur mit den Schultern gezuckt.
ER: Schau, wie schön die Nacht ist! Da hinten geht bald der Mond auf und da habe ich mir überlegt, warum eigentlich kein Singspiel?
ER zieht an einer Schlaufe, sein Gewand fließt zu Boden. ER und SIE gemeinsam am Fenster, SIE gibt einen Ton vor, ER stimmt ein.
SIE und ER:
🎶Hier am Fensterkreuz wir stehen,
lachen, singen, in der Nacht.
Ein Funke springt, kann es geschehen?
Ein Singspiel, das uns Freude macht!🎶
SIE und ER schauen sich tief in die Augen, die Beleuchtung dimmt langsam ab, bis es vollkommen dunkel ist. Vorhang.